Menschen helfen, in ihrem Element zu sein
Menschen helfen, in ihrem Element zu sein, sie dabei unterstützen, ihr von Gott geschenktes persönliches Charisma, ihre Talente und Fähigkeiten zu entdecken: darum ging es beim Erkundungsprojekt Charismenorientierung. Bei einem Online-Auswertungstreffen am Mittwoch, 2. Februar 2022, stellten Beteiligte Lernerfahrungen aus dem 2018 gestarteten Projekt vor und forderten einen grundlegenden Paradigmenwechsel hin zu einer Pastoral, die nicht aufgabenorientiert ist, sondern die Charismen, Talente und Fähigkeiten der Menschen im Blick hat. Dieser Perspektivenwechsel koste Zeit, lohne sich aber und könne helfen, damit Kirche künftig ihrem Verkündigungsauftrag besser gerecht werde. „Charismen sind von Gott geschenkt. Wenn er sie schenkt, sind sie aber von Bedeutung“, ist Birgit Henseler, Referentin für Kirchenentwicklung im Bistum Limburg, überzeugt und zitierte dabei den Theologen Hubertus Schönemann: „In den Charismen zeigt Gott seiner Kirche, wie er sie sich vorstellt und schenkt Kirche.“
Charismenarbeit setzt Willen zur ganzheitlichen Veränderung voraus
„Wir sollten die Arbeit unser hauptamtlichen Teams wesentlich danach ausrichten“, erklärte Stephan Ley, Pastoralreferent in der Pfarrei St. Anna in Herschbach im Westerwald, mit Blick auf seine persönlichen Erfahrungen im Projekt. „Davon sind wir aber weit entfernt“. Es reiche nicht, in den Pfarreien einfach Kurse für Ehrenamtliche anzubieten. „Charismenarbeit muss eingebettet sein in einer Veränderung des Ganzen.“
Langer Atem benötigt
Anja Scherer, Pastoralreferentin in der Pfarrei St. Peter und Paul im Kannenbäckerland, kam zu einer ähnlichen Einschätzung: „Es ist gar nicht so einfach im normalen Pfarreikontext, in der alltäglichen Pfarreiarbeit, das Thema unterzubringen und Menschen dafür zu begeistern.“ Dafür sei ein grundlegender Perspektivwechsel von einem Blick auf die Aufgaben hin zu Talenten und Fähigkeiten der Menschen notwendig. „Wenn man diesen Perspektivwechsel schaffen will, braucht man einen langen Atem. Aber es ist möglich“, gibt sich Scherer optimistisch.
Bereichernde Arbeit
„Die Menschen fühlen sich ernst genommen, wenn sie mit ihren Fähigkeiten gesehen werden“, sagte Bernhard Hamacher, Gemeindereferent in der Pfarrei St. Franziskus im Hohen Westerwald in Rennerod. Die Arbeit mit Charismen sei für ihn sehr bereichernd gewesen: Deshalb achte er jetzt bei Gesprächen stärker darauf, Menschen mit ihren Charismen und Talenten zu sehen. „Es geht mir jetzt besonders darum zu schauen, wie die Einzelnen persönlich ihre Charismen einbringen können in die Gemeinde.“
Ein Dienst der Kirche für Menschen und Gesellschaft
Birgit Henseler, Referentin für Kirchenentwicklung, wies darauf hin, dass Charismenarbeit auch bedeute, Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu bestärken und sie zu ermutigen, Verantwortung nicht nur in der Kirche, sondern auch in der Gesellschaft zu übernehmen. Für viele Menschen gebe es keine Möglichkeit, sich professionell unterstützt mit der eigenen Persönlichkeit zu beschäftigen. „Ist das nicht ein Dienst der Kirche am Menschen, wenn wir das anbieten?“
Mit zahlreichen Veranstaltungen experimentiert
Wichtige Impulse für das Erkundungsprojekt kamen von der Pastoralwerkstatt 2016 in Hofheim, einer Veranstaltung mit etwa 500 Personen aus dem Bistum Limburg zur Zukunft der Kirche in der Diözese. 2018 startete dann das Erkundungsprojekt in der Pilotpfarrei St. Franziskus im Hohen Westerwald in Rennerod. In einer weiteren Kundschaftergruppe sammelten sich außerdem haupt- und ehrenamtliche Engagierte, die in ihren Arbeitskontexten mit dem Thema Charismen experimentieren wollten. Veranstaltet wurden Charismenkurse, Firmkatechesen, Oasentage, Veranstaltungen für Gremien und Ehrenamtsabende. Außerdem beschäftigte sie die Projektbeteiligten intensiv mit verschiedenen Tools und Methoden und entwickelte auch eigene Materialien für das Bistum. Ein Workbook mit einem Charismentest für die Praxis soll ab Ende Februar 2022 verfügbar sein.